Der Sonnenschein machte die Landschaft schön und grün. Der Rückenwind hob die Stimmung noch weiter an. Kräfteraubend waren die vielen Steigungen und damit Höhenmeter. Ohne irgend etwas zu hinterfragen spulten wir die Kilometer herunter, pausierten gelegentlich und fuhren gestärkt weiter. Die Tagesstrecke endete an einem Campingplatz.

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Zuckerfrühstück

Frühstück gab es hier schon ab 6:00, eine Seltenheit. So waren unsere Wecker auf 05:30 gestellt, um alles zu schaffen, um letzten Endes um 6:30 abzufahren. Wieder brauchte ich länger. Ich kann mich nur über mich selbst ärgern. Immer ist es das Verpacken in die Taschen. Mir ist das unverständlich. Josef und Frederic gingen um 6:00 zum Frühstück und ich kam gute zehn Minuten später. Hastig stopfte ich mir dann das Frühstückszeug hinein.

Wieder gab es nur Süßes, von der Butter einmal abgesehen. Butter mag ich nicht. Da blieben mir nur eine frische und von mir selbst gemachte Waffel, zwei Toasts mit Marmelade und dann noch schwarzen Kaffee. Den Kaffee nahm ich mit Zucker, denn ohne diesen wäre er untrinkbar gewesen. Ja, zu viel Zucker am Morgen! Wie gerne hätte ich meine Tasche aufgemacht und mir Schinken genommen, doch um den Schinken hervorzukramen hätte ich wieder 5 Minuten gebraucht, zum Verpacken der Reste noch einmal 5 Minuten. Verdammt.

Sonnenschein und schöne Impressionen

Östlich von North Bay, Ontario

Östlich von North Bay, Ontario

Verspätet fuhren wir los. Trocken war es und kühl, angenehm kühl. Wir waren unmittelbar am Highway und nach kurzer Zeit draußen aus North Bay. Auch wenn es jetzt noch teilweise Bodennebel war, so zeigte sich doch schon bald die Sonne. Mit Sonne sieht alles besser aus, auch die Gegend links und rechts des Highways. Kleine Seen gab es immer wieder und da es windstill war, gab das Wasser ein gestochen scharfes Spiegelbild der am gegenüberliegenden Ufer platzierten Bäume und Sträucher. Da musste ich einfach immer wieder stehen bleiben und Fotos machen.

See zwischen North Bay und Bonfield, Ontario

See zwischen North Bay und Bonfield, Ontario

Ja, auch das kostet Zeit und es senkt unseren Reiseschnitt. Meine Kamera habe ich in einem Bauchtascherl mit Zipp. Um zu fotografieren bleibe ich also immer stehen und krame die Kamera hervor, mache mein Bild oder die Bilder und packe sie dann wieder ein. Da die Kamera einen Riemen hat und die Bauchtasche sehr klein ist, dauert das Hineinstopfen auch immer zehn Sekunden. Das erwähne ich nur, um das Dilemma ein wenig zu skizzieren, in dem ich die ganze Reise über bin. Josef fotografiert weniger und wenn, dann im Rollen. Er macht das irgendwie einhändig, auch das schnelle Verpacken. Darin ist er Meister. Er öffnet sich auch während der Fahrt eine Banane, verspeist diese und wirft die Schale in hohem Bogen weg; dies alles ohne langsamer zu werden. Für Radfahrer ist das kein Thema, aber einhändig mit dem Roller fahren ist schon eine Herausforderung.

See nahe Bonfield, Ontario

See nahe Bonfield, Ontario

Ach, beim Dilemma war ich. Ja, ich würde viel mehr fotografieren! Was hatte ich da nicht alles gesehen und speicherte die Bilder nur in meinem Kopf, wo sie bald verschwunden sein werden oder bestenfalls stark verzerrt und abgeschwächt. Eine Harley gab es da am Straßenrand mit einem „For Sale“-Schild oder sehr interessante Häuser, vor allem interessant, da die Wohnräume sehr klein sind im Verhältnis zu den Räumen, die Autos, Motorräder, Wohnwägen, Motorboote, Quads u.dgl.m. einnehmen. Autoleichen gab es in den Wiesen, einstige Prunkstücke aus den 40ern, 50ern und 60ern. Einen restaurierten Cadillac sah ich in schwarz und knallrot mit einem Überangebot an Chrom. Dies alles fotografierte ich nicht, da durch mich schon die Abfahrt verspätet erfolgte und mein bisschen Fotografieren auch schon Zeit kostete. Eines weiß ich aber, in den Großstädten Ottawa, Montreal und Quebec werde ich mir das Fotografieren nicht nehmen lassen…

Schinken-Pause

Pause in Mattawa, Ontario

Pause in Mattawa, Ontario

Bei einer Tankstelle, so nach etwa 30 Kilometern machten wir die erste Pause. Wir verspeisten nur Selbstmitgebrachtes, da der Pommes-Frites-Stand noch zu hatte und wir alle vom Einkaufen eh so viel mitschleppten. Endlich konnte ich meine Brote mit Schinken essen. Ein Genuss. Genau das brauchte mein Körper und ich wusste es schon seit zwei Stunden oder länger. Alles Essbare ist abgepackt. Gut, beim Schinken ist das bei uns auch der Fall, wenn man ihn nicht in der Wurstabteilung kauft. Hier ist bemerkenswert, dass 375 Gramm Toastschinken genau zehn quadratische Blätter sind. Nein, keine Blätter. Es sind Scheiben, es sind Platten. Dreimal so dick als in Wien. Und was noch auffallend dick ist, sind Toastscheiben. Die Toaster haben deshalb viel breitere Schlitze als bei uns.

westlich von Mattawa, Ontario

westlich von Mattawa, Ontario

Frederic interessierte dies heute alles nicht. Ihm ging es schlecht, vom Magen her oder vom Darm. Ich sah ihn nie essen und beim Fahren war er ab und zu abgeschlagen hinten. Auf meine Frage, ob alles okay sei, antwortete er immer mit „ja“. Während der Pause legte er sich auch nur hin. Mir war es beim Fahren schon echt heiß geworden und ich fuhr ohne Jacke und daher kurz, Frederic hatte zwei Lagen warm an und einen Schal. Hoffentlich wird er nicht krank!

Mittagspause

Mattawa, Ontario

Mattawa, Ontario

Die nächste Pause war in Mattawa. Das war genau die Hälfte unseres heutigen, doch sehr schweren Weges. Warum schwer? Meist hatten wir Windstille oder leichten Gegenwind und es schien die Sonne oder aber, was noch besser war, es war der Himmel bedeckt und die Temperatur höchst angenehm zum Rollerreisen. Tja, es waren die vielen Höhenmeter, bis zum Ende über 1.100. Das waren wir nicht mehr gewöhnt. Die Rocky Mountains waren schon zu lange her.

Mattawa, Ontario

Mattawa, Ontario

Wir schneiten nun etwas ermattet bei Tim Hortons rein. Hier gab es gutes Essen und WLAN. Mein Problem war, dass nach fünf Minuten mein Handyakku leer war. Damit war ich offline. Frederic, der noch immer nichts aß, verließ uns und fuhr zu Subway, wo sein Handy funktioniere. Bei Tim Hortons hat er immer Verbindungsprobleme. Jetzt saß ich mit Josef hier und bestellte mir dann noch eine zweite Runde, was natürlich Zeit kostete. Josef nützte die Zeit aber mit Online-Dingen. Dann fuhren wir zu Frederic, wo es am Parkplatz Französisches Geplaudere mit Interessierten gab.

Bergab kann mühsam sein…

Mattawa, Ontario

Mattawa, Ontario

Weiter ging es bei zunehmend starkem Sonnenschein zur nächsten Pause, die bei km 100 sein sollte. Weiter ging es bergauf und bergab. Mich störte das Bergab am meisten, vor allem wenn es länger dauerte. Wieso? Mein Roller hat ganz deutlich den größten Luftwiderstand aufgrund der quer liegenden Taschen und der zwei Seitentaschen. Wenn ich in tiefster Hocke 50 km/h fahre, überholen mich die beiden Freunde mit über 60 Sachen. Geht das über zwei oder drei Kilometer, kommen da schon ziemliche Abstände zwischen uns heraus und die muss ich dann kräfteraubend in der Ebene oder beim Bergauffahren wettmachen. Müde komme ich dann oben an, um gleich danach wieder zurückzufallen, da es hier meist abwechselnd rauf und runter geht.

Campingplatz bei Deux-Rivières, Ontario

Campingplatz bei Deux-Rivières, Ontario

Bei km 97 komma irgendwas gab es einen sehr schön gelegenen Campingplatz an einem See mit Tischen und Bänken. Ich schlug Josef vor, hier unsere Pause zu machen, denn wer weiß, was bei km 100 sein würde. Einöde höchst wahrscheinlich. Die Idee fand er wohl auch gut. So bogen wir ab. Von der Dame vom Office wurden wir gefragt, was wir hier wollen. Wir erklärten uns und sie ließ uns gerne pausieren. Frederic fehlte. Komisch. Er war dauernd bei uns. Vielleicht quatschte er mit jemanden.

Jause am Campingplatz

Campingplatz bei Deux-Rivières, Ontario

Campingplatz bei Deux-Rivières, Ontario

Wir machten zünftig Jause und sahen uns die schöne Gegend an. Trinkwasser holten wir uns frisch aus einer Leitung. Frederic kam nicht. Josef fragte via SMS an. Frederic war zu km 100 gefahren und wartete dort auf uns. Echt komisch. Ja, heute hatte er seinen etwas komischen Tag, zuerst Alleingang zu Subway und nun zur reizlosen 100er-Marke.

Stonecliff

letzte Kilometer nach Stonecliff, Ontario

letzte Kilometer nach Stonecliff, Ontario

Es war wirklich reizlos dort. Frederic saß in der Sonne, während Josef und ich am Campingplatz stets den Schatten aufgesucht hatten. Finale bis Stonecliff. Das wären dann 127 km. Genau richtig. Vom Höhenprofil wäre es dann tags darauf weniger schlimm und es ginge tendentiell bergab. Morgen also würde es eine Long Stage geben. Wir wussten nur nicht was uns in Stonecliff erwarten würde. Ein kleiner Ort wäre es und 7 km danach wäre ein Motel. Vielleicht gäbe es aber schon vorher eines.

Stonecliff, Ontario. Und wieder gibt es Feuerwerk

Stonecliff, Ontario. Und wieder gibt es Feuerwerk

Stonecliff bestand aus einer einzigen Tankstelle, oder zumindest kam es uns so vor. Und es gab noch Arbeiter, die die Straßenmarkierung neu pinselten. Ganz Stonecliff, also diese eine Tankstelle, war eingenebelt von einem giftig-penetranten Gestank, einem Gestank der noch schlimmer ist als jener in Wien. Wir kauften im Shop der Tankstelle Kleinzeugs, in meinem Fall war das Mineralwasser mit Kohlensäure und ein Eis. Und natürlich fragten wir, wo es richtung Ost die nächste Möglichkeit gäbe preiswert zu nächtigen.

Die Inderin hinter der Kassa sprach ein dermaßen schlechtes Englisch, dass es ziemlich lange dauerte, die gewünschte Information wahrzunehmen. Sie deutete auf zwei Flyer, die hier auflagen. Zwei Campingplätze gäbe es hier, nur 1,5km entfernt. Wir waren sehr happy, wenngleich uns ein Zimmer mit Betten lieber gewesen wäre.

Nachtquartier: Campingplatz

Campingplätze in Stonecliff, Ontario

Campingplätze in Stonecliff, Ontario

Tatsächlich! Nach 1,5km gab es zwei benachbarte Campingplätze. Den zweiten nahmen wir, auch wenn dieser geringfügig mehr kostete, nämlich für uns drei zusammen 45 Dollar ohne Rechnung. Ein Freundschaftspreis sei dies, weil dem Besitzer Kanada Querende immer sehr sympathisch seien. Den ersten Campingplatz nahmen wir nicht, da die zuständige Frau einfach extrem unsympatisch war. Hingegen der Typ hier war das glatte Gegenteil und führte uns zu Fuß zu unserem Platz, wobei er auch einfach nur die Platznummer nennen hätte müssen. Er vergewisserte sich auch, ob das WLAN hier am Seeufer unter den Pinien gut funktioniere. Ja, es funktionierte. Wenn wir Fragen haben, mögen wir einfach zu ihm kommen. Ja, danke.

Am Campingplatz Pine Valley Resort in Stonecliff, Ontario. Unser Zeltplatz am Ufer zum Ottawa River

Am Campingplatz Pine Valley Resort in Stonecliff, Ontario. Unser Zeltplatz am Ufer zum Ottawa River

Nun waren wir angekommen, zwar nicht im Motel, dafür am bisher schönsten Campingplatz. Unser Platz war überdurchschnittlich groß und direkt am Wasser. Der See ist eigentlich der Ottawa River, nur wirkt er wie ein See, so breit und so still. Die Zelte waren schnell aufgebaut, die Sachen eingeräumt. Jetzt genossen wir gemeinsam bei Tische unser Abendessen.

Ein Wasserflugzeug!

Wasserflugzeug am Campingplatz Morning Mist Resort in Stonecliff, Ontario. Ottawa River

Wasserflugzeug am Campingplatz Morning Mist Resort in Stonecliff, Ontario. Ottawa River

Den Ottawa River musste ich noch fotografieren. So ging ich zum Ufer und erspähte, dass am Nachbar-Campingplatz am Steg nicht nur die üblichen Boote waren sondern auch ein Wasserflugzeug. Ich war magnetisch angezogen und ging hin, machte Fotos aus nächster Nähe. „private“ stand am Steg des kleinen Flugzeugs. Wie geil ist das denn!? Da hat jemand wohl den größten aller Wohnwagen, grillt am Webergrill sein Steak, genießt bei Sonnenuntergang seinen Rotwein, um dann, wenn das Wetter morgen passt, einfach schnell für eine Runde wegzufliegen, vielleicht nach Ottawa auf einen Cappuccino.

Am Campingplatz Morning Mist Resort in Stonecliff, Ontario. Solche Boote sieht man hier viele (auch auf Pickup-Anhängern)

Am Campingplatz Morning Mist Resort in Stonecliff, Ontario. Solche Boote sieht man hier viele (auch auf Pickup-Anhängern)

Die Boote hier waren ja auch keine Diskonter-Jollen. Alles vom Feinsten. Auch die Wohnwägen auf beiden Plätzen waren durchwegs gewaltig. Für die großen Buben gab es neben den Spielereien der großen Wohnwägen auch Quads und Sandbuggy ähnliche offene Fahrzeuge, Motorboote, Quads und so weiter. Neben der Bademöglichkeit im seeähnlichen River gab es bei jedem Campingplatz einen Pool. Viele Kinder waren hier. Ihnen allen schien es sehr zu gefallen. Wir hingegen waren einfach nur zum Nächtigen hier, kamen spät an und würden dann sehr früh wieder weiterziehen. Schade irgendwie, wie bei so vielen Nächtigungen der letzten Wochen.

Sunset

Am Campingplatz Pine Valley Resort in Stonecliff, Ontario. Sonnenuntergang Ottawa River

Am Campingplatz Pine Valley Resort in Stonecliff, Ontario. Sonnenuntergang Ottawa River

Belohnt wurden wir noch mit einem schönen Sonnenuntergang, den wir auch fotografierten. Dann ging es ins Bett. Das WLAN war dann doch so schwach, dass das Onlinesein keinen Spaß bereitete. Ich bearbeitete die Bilder halb fertig und musste erledigt vom Tage den Laptop zuklappen, Licht ab und „Gute Nacht“.

 

6 Kommentare
  1. Avatar
    Johannes-Albrecht Geist-Herz sagte:

    Ich kann „KARLSON“ nur beipflichten! Toller Tag, toll geschrieben. Hoffentlich geht es Fréderik wieder besser und hoffentlich zermürbt dich bei der nächsten Etappe das Bergabfahren nicht allzu sehr. Good luck!

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